einGewöhnen

Wie in jeder Beziehung ist auch die Zeit mit den Kindern ein stetiges Neukennenlernen, ein Aneinandergewöhnen und früher oder später auch ein an andere Gewöhnen, denn alles ist im Fluß und verändert sich.
Al und Lu sind, obwohl sie schon so viel gelernt haben, noch sehr klein. Da ich aber wieder mit mehr Stunden in den Berufsalltag starten werde, wird es für die kleenen Keulen Zeit, in die Welt hinauszugehen, während unserer Abwesenheit betreut zu werden und zu lernen, dass ihr Leben nicht nur in unserer behüteten Mitte stattfindet, sondern mit anderen Menschen von ihnen selbst gestaltet wird. Weil es in unserer Gegend keine freien Kita-Plätze gibt, starten wir die ersten Schritte in diese neue Welt mit unserer Tagesmuter Y. Sie ist eine tolle Frau, mit ähnlichen Ansichten zu Erziehung und Umfang wie wir sie haben. Al und Lu vertrauen ihr und fühlen sich wohl. Und so vertrauen wir ihr das Wichtigste auf der Welt an.

Inzwischen haben sie den neuen Lebensraum bei Y. schon gut erkundet, haben bei ihr geschlafen und gegessen. Weil wir parallel den 7. Wachstumsschub und ein Arsenal neuer Zähne in Als Mund überwinden, war die erste Woche sehr kräftezehrend für uns alle. Doch schon in der zweiten Woche wird alles besser. Zwar ist immer noch alles so spannend, dass von unseren gewohnten Rhythmus zurzeit nicht mehr viel zu erkennen ist, aber mit der Zeit werden wir wieder dahin zurückfinden.

Der Lieblingspapa und ich sind einfach baff, was die neuen Erfahrungen in unseren Kindern bewirken. Dass Kinder am besten von Kindern lernen, ist so wahr. Natürlich spielen auch die Fortschritte aus dem Schub mit hinein, aber Al und Lu sind kaum wiederzuerkennen. Ganz schnell haben sie Winken gelernt. Das ist purer Zucker für die Seele. Lu reicht uns Spielzeug an, damit wir es so wie sie ankuscheln und dann zurückgeben, immer und immer wieder. Al läuft mit großen Schritten immer flotter an Sofa und Schränken entlang, lässt immer wieder los, probiert es neu, hängt auch mal in der Luft, krabbelt in Schränke und öffnet deren Türen.

Durch Lus Fortschritte im Sitzen, nehmen wir nun alle Mahlzeiten am Tisch zu uns – das Frühstück sogar zu viert, d.h. wir essen auch mal was. Sie robbt inzwischen gar nicht mehr.

Auch wenn wir immer wieder warnende Hinweise bekommen, wie anstrengend es für uns wird, wenn sie laufen lernen, freuen wir uns darauf, wenn es endlich so weit ist, weil wir uns erhoffen, dass sie ruhiger werden, wenn sie uns folgen können. (Das waren aber viele Wenns.) Im Moment krabbeln sie, lassen sich von Spielsachen, Papier oder Fusseln ablenken, und schimpfen dann, wenn sie nicht nachkommen oder wir schon wieder in anderer Richtung an ihnen vorbeilaufen. Das ist frustrierend, sie wollen schneller sein.
Allerdings ist uns auch klar, dass sie dann schneller selbstbestimmt davonlaufen können. Sie nehmen doch jetzt schon alles auseinander, wollen alles wissen, erfahren und untersuchen. Zu zweit animieren sie sich auch zu immer wieder neuem Unfug.

Nun sitze ich im Kaffee, genieße eine heiße Schokolade und Joghurt mit Früchten. Offiziell bin ich auf Abruf, falls Al und Lu Probleme bei Y. haben sollten. Aber daran glaube ich nicht. Unsere kleenen Keulen sind so mutig und offen. Sie wickeln Y. und ihre jüngere Tochter mit ihrem Charme um den Finger. Wenn ich zum Mittagessen zurückkehre, freuen sie sich hoffentlich, ohne Tränen, und essen dann zur Feier des Tages ihre Mahlzeit gut auf.
Wir sind so stolz auf sie. Und wir gewöhnen uns ans Loslassen. Das ist ein Prozess, der nie mehr aufhört. Eltern lassen die Leine immer länger, und länger, und länger. Aber ich denke, egal wie alt Eltern und Kind je sein werden, Eltern können nie komplett loslassen. Unsere Herzen sind an die unserer Kinder gebunden, für immer.

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